';

Die Wirkung ist nicht unbedingt identisch mit der Absicht! – oder: meine Annahmen sind höchstwahrscheinlich falsch…

  • „Ich habe schon vor zwei Tagen eine E-Mail geschickt und immer noch keine Antwort erhalten. Ich bin mir sicher, dass der Empfänger weder das Thema noch die Dringlichkeit des Problems versteht.“
  • „Mein Kind hat eine schlechte Note bekommen, weil niemand sieht, was es wirklich geleistet hat. Ich verstehe diese Lehrer nicht, die einfach benoten, wie sie wollen.“
  • „Schon wieder wurde das Treffen zu einer Zeit angesetzt, zu der ich gar nicht da bin. Ich schätze, sie werden nie respektieren, dass meine Arbeitszeiten in einer anderen Zeitzone liegen!“

Diesen und ähnlichen Situationen begegnen wir im Alltag immer wieder – es passiert etwas, wir erleben eine Auswirkung, die wiederum ein Gefühl der Ungerechtigkeit, der Nicht-Wertschätzung oder gar des Übergangen-Werdens auslöst. Oft haben wir sofort eine klare Vorstellung davon, was die Absicht der beteiligten Personen war. Aber ist das wirklich der Fall?

  • Interessiert sich der Empfänger meiner Mail nicht für das Thema oder hat er einfach noch nicht die Zeit gefunden, mir zu antworten?
  • Wurde mein Kind wirklich ungerecht benotet, oder hat es vielleicht einen Teil der Aufgabe nicht verstanden und lag deshalb mit dem Ergebnis zumindest teilweise falsch?
  • Wissen wirklich alle Kolleginnen und Kollegen, wann meine Arbeitszeiten sind oder wann sie vielleicht abweichen, und haben bereits ihr Bestes getan, aber einfach keinen anderen Termin für uns alle zusammen gefunden?

Natürlich liege ich mit meiner direkten Vermutung über die Absichten von anderen nicht immer falsch. Gleichzeitig besteht zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass es ganz andere Gründe für deren Handeln gab und die Wirkung auf mich gar nicht so beabsichtigt war, wie ich sie wahrgenommen habe.

Was kann uns helfen, hier bewusster zu sein und nicht automatisch zu reagieren? Die folgenden Schritte können unterstützend wirken:

  • Sobald ich mich durch ein Verhalten oder ein Wort getriggert fühle, halte ich inne und konzentriere mich bewusst auf den Atem. Auf diese Weise schaffe ich eine Pause und stürze mich nicht gleich in Bewertungen und Grübeleien.
  • Ich werde mir bewusst, welche Wirkung dieser Moment in mir ausgelöst hat. Wenn ich etwas mehr Zeit habe, schaue ich, was dahinter steckt, welche Muster vielleicht aktiviert oder Werte verletzt werden.
  • In einem nächsten Schritt überlege ich, dass die in mir ausgelöste Wirkung nicht zwingend die Absicht der anderen Person gewesen sein muss. Was wären andere mögliche Gründe, dass es bei mir zum Trigger gekommen ist?
  • Wenn ich dafür offen bin, teile ich meinem Gegenüber mit, was in mir getriggert wurde, indem ich bei der Beschreibung ganz bei mir bleibe und vielleicht auch einfach frage, was die Absicht der anderen Person tatsächlich war.

Die Kurzversion der Übung, die ich mir immer merken kann: -> DIE WIRKUNG IST NICHT ZWINGEND DIE ABSICHT!

Impuls für den eigenen Alltag: Was sind Momente, in denen diese Praxis mich bereits unterstützt oder künftig unterstützen könnte?

Recommend
Share
Tagged in