Es ist Montagmorgen, meine Kinder sind gerade los in die Schule. Ich lese die Nachrichten des Tages: Kriege, politische Konflikte, fortschreitender Klimawandel und so weiter. Und dann sind da noch die Schicksalsschläge in meinem Freundeskreis… Ich schaue nach draußen, es regnet….
Einen Moment lang fühle ich mich unglaublich machtlos, müde und hoffnungslos. Die großen und kleinen Probleme im Leben und in dieser Welt rauben mir fast den Atem. Wie kann es sein, dass wir als Menschheit, von der Natur so wunderbar erdacht und über Jahrtausende entwickelt, mit dem Verstand ausgestattet, zur Empathie veranlagt und sogar zum Mitgefühl fähig, dass wir immer wieder in Konflikt miteinander geraten, in Ressentiments und sogar unsere gemeinsame Lebensgrundlage auf diesem Planeten allmählich zerstören? Was scheint uns zu fehlen, um uns wirklich mit unseren Mitmenschen, anderen Wesen und der Natur zu verbinden? Welcher Impuls kann uns aus der scheinbar gefühllosen Beobachtung dieser manchmal dramatischen Entwicklungen wieder zum Handeln bewegen?
Wir brauchen Momente, in denen wir erkennen, wie es in uns selbst, im Miteinander und auf der Erde tatsächlich aussieht. Wir brauchen die Fähigkeit, den Schmerz, die Hoffnungslosigkeit oder auch den Schock zu spüren, den all diese Ereignisse und Umstände auslösen können. Und wir müssen akzeptieren, dass diese unangenehmen Gefühle, die in uns ausgelöst werden, eine wichtige Funktion haben: Sie zeigen uns, dass etwas falsch ist, dass etwas aus dem Gleichgewicht geraten ist. Sie zeigen uns, dass es an der Zeit ist, zu handeln, zu unserem eigenen Schutz und dem der anderen!
In diesem Zustand zu verharren ist keine Lösung und wird mich nicht dazu bringen, etwas zu ändern oder zu tun. Schritt für Schritt kann ich mich diesem Moment stellen und einen Ausweg finden.
- Noch immer am Esstisch sitzend, atme ich ein paar Mal bewusst ein und aus. Ich hole buchstäblich erstmal Luft und stelle fest, dass meine Atmung mich automatisch mit Sauerstoff versorgt, ohne dass ich mich bewusst anstrengen muss. Das ist also sicher, wie gut!
- Der nächste Schritt ist, mir meines Körpers bewusst zu werden. Er fühlt sich schwer, angespannt und verkrampft an. Unglaubliche Gewichte scheinen auf meinen Schultern und meiner Brust zu lasten, meine Arme und Beine fühlen sich schwer wie Blei an. Ich kann nicht glauben, welche Auswirkungen meine Gedanken auf meinen Körper haben, wie sie meine Fähigkeit einschränken, mich zu bewegen oder auch nur bewusst zu handeln in diesem Moment.
- Ich nehme diese Empfindungen einfach als körperliche Empfindungen wahr, akzeptiere sie, weil sie da sind. Ich übe, sie nicht wegzuschieben oder zu ignorieren. Dabei helfen mir Sätze wie „Ja, es gibt wirklich viel Leid auf dieser Welt und ich spüre dieses Leid gerade“ oder „Es ist völlig menschlich und normal, die Last all der Aufgaben zu spüren, die offensichtlich auch in mir zu bewältigen sind“. Es ist das Üben von Selbstmitgefühl: sich dem Leiden in mir zuzuwenden und es annehmen zu können.
- Nach einigen Augenblicken bemerke ich eine Veränderung in meinem Körper: Die Anspannung beginnt sich zu lösen und ich fühle mich wieder ein wenig leichter. Es ist, als ob ich mich automatisch aufrichte, mich nicht mehr klein und eng fühle, sondern zu meiner Präsenz zurückkehre.
- So kann schließlich ein Raum entstehen, um zu überlegen: „Was wäre jetzt dienlich?“, „Was unterstützt mich in meiner Offenheit und dem Willen, aktiv zu werden, zu handeln?“ oder auch „Wie kann ich offener auf andere Menschen zugehen, mehr zuhören, meine Worte bewusster wählen, um Konflikte schon im Kleinen zu lösen oder zu vermeiden?“ bis hin zu „Was kann mein Beitrag sein im Hinblick auf politische Ereignisse und Entwicklungen, mein Beitrag zum Schutz unseres Planeten?“
JETZT fühle ich mich bereit für den Montag, für die Woche! Natürlich kann ich nicht alles auf einmal lösen. Und doch kann ich ganz bei mir sein, für mich sorgen und entscheiden: Welchen Beitrag kann ich gerade jetzt leisten, im Kleinen wie im Großen?
Impuls für den eigenen Alltag: Was kann mich unterstützen, bewusst und offen oder auch zuversichtlich jeweils in eine neue Woche zu starten?